Samstag, 17. Dezember 2016

Weihnachtsfieber und Fußballenttäuschung

Inzwischen war natürlich auch der Nikolaus da und hat allen im Haus Witiko eine Freude bereitet. Nachdem am Abend zuvor alle Schuhe geputzt und vor den Kamin gestellt wurden und selbstverständlich auch ein Glas Milch und Kekse und Nüsse für den Nikolaus auf dem Tisch standen, haben sich alle am nächsten Morgen in Schlafanzug im Wohnzimmer versammelt und den Tag mit einem Stück Schokolade begonnen. Die Schokolade hat in allen Schuhen allerdings eher einen kleinen Teil ausgemacht, viel mehr haben wir alle in unseren Schuhen Nüsse und Mandarinen gefunden- es geht also ganz traditionell zu.

Am Wochenende bin ich dann zusammen mit vier anderen Camphillleuten zu einem Fußballspiel des FC Aberdeen gegangen. Ich habe mich wahnsinnig gefreut, als ich gefragt wurde, ob ich mitkommen möchte und habe natürlich nicht gezögert! Nachdem wir ein paar Pubs in der Stadt unsicher gemacht haben, ging es dann ins Stadion von Aberdeen.


Das Stadion ist wesentlich kleiner als das des DSC Arminia Bielefelds aber deutlich besser gefüllt- ich schätze was waren so 15000 Zuschauer da. Der Gegner war St Johnstone, 5. in der schottischen Liga (Aberdeen ist auf dem dritten Platz). Es hätte also ein wirklich gutes Fußballspiel auf für Schottland hohem Niveau werden können. Dem war leider nicht so. Das Spiel war mehr als schlecht und nachdem Aberdeen viele Chancen vertan hat, ging das Spiel 0:0 aus (das Ende haben wir allerdings nicht mehr mitbekommen, wir sind früher gegangen - es war echt einfach zu langweilig und zu schlecht (die Schotten lieben hohe weite Pässe)). Der Himmel über dem Stadion war um einiges schöner anzusehen...



Aberdeen ist somit auf dem dritten Platz in der Tabelle geblieben. Ich denke aber dennoch, dass ich dem Ganzen irgendwann nochmal eine Chance geben und mir ein anderes Spiel ansehen werde.



Trotzdem war es interessant, sich ein Bild von dem schottischen Fußball machen zu können - es ist echt anders als in Deutschland. Zwei der beiden Freunde, die mit mir da waren, kennen sich gut aus und haben mich über vieles aufgeklärt.
Bier darf im Stadion weder verkauft noch getrunken werden. Außerdem sind Flaggen verboten, weil sie die Sicht für andere Zuschauer behindern. Es werden ein paar wenige und kleine Flaggen vom Verein gestellt, die allerdings nur in einer kleinen Ecke auf einer Tribüne benutzt werden dürfen.
Von einer Stehtribüne war weit und breit nichts zu sehen und leider auch nichts von vielen echten Fans wie man sie aus Deutschland kennt. Geschätzte hundert Aberdeenfans saßen nah am Gästeblock und haben zwischendurch mal versucht ein paar Fangesänge anzustimmen. Die wurden aber von niemandem im Stadion fortgeführt. Die Stimmung im Stadion war also leider lau.
Insgesamt hatte ich sowieso den Eindruck, dass ein Fußballspiel in Aberdeen mehr eine Nachmittagsaktion für Familien mit Kindern ist. Wir saßen auf der Haupttribüne und waren umringt von Kindern mit ihren Eltern oder Großeltern.

Außerdem wurde mir erzählt, dass die schottische Bundesliga, wenn es um den Pokal geht, wirklich uninteressant ist. Es gibt drei Vereine, die jedes Mal ganz oben stehen. Celtic und Rangers, zwei Vereine aus Glasgow und sehr verfeindet, und Aberdeen. Den Pokal gewinnt seit Jahren Celtic mit riesigem Vorsprung. Es wurde sogar gefordert, dass Celtic in der englischen Fußballliga mitspielen darf, weil sie mit den Teams der schottischen Liga scheinbar wirklich unterfordert sind. Das wurde aber abgelehnt. Somit geht es für den anderen Club aus Glasgow und für Aberdeen in jeder Saison darum, den zweiten Platz zu erobern.


Am Tag darauf habe ich zusammen mit drei anderen Coworkerinnen dann bei der Aufführung "Santa Luccia" mitgemacht (davon habe ich ja bereits im letzten Eintrag berichtet). Es war wirklich schön und feierlich und wir haben viel Lob für unseren Gesang bekommen. An anderen Abenden haben wir dann auch noch ehemalige und erkrankte Mitarbeiter der Einrichtung in ihrem Zuhause besucht und ebenfalls für sie gesungen. Sie haben sich alle sehr gefreut und waren sichtlich gerührt- das hat uns natürlich ein gutes Gefühl gegeben.


Am Mittwoch hat auf meinem Gelände dann der sog. "advent sale" stattgefunden, eine Art kleiner Weihnachtsmarkt. Alle Mitarbeiter der Einrichtung mussten in den vergangenen Wochen 10 Dinge anfertigen, die dort dann für einen günstigen Preis an die Bewohner verkauft wurden. So haben sie die Möglichkeit, ihren Familien und Freunden etwas zu Weihnachten zu schenken. Ich habe meine bekannten Armbänder geknüpft, die auch schnell verkauft wurden.
Die große Mehrheit meiner Kollegen aus Witiko ist ja bekanntlich männlich- und die allermeisten sind wirklich nicht sehr kreativ. So kam es dann, dass am Abend zuvor ein großes Hallo in der Küche herrschte. Auf den letzten Drücker wurde dann noch versucht das Backtalent in sich zu entdecken, um ein paar Plätzchentüten verkaufen zu können. Den einen gelang es mehr, den anderen weniger...

wirklich gut gelungene kleine Stollen
das soll Spritzgebäck sein

Das Gebacke ging dann bis spät in die Nacht, weil so spontan natürlich nicht alle notwendigen Zutaten da waren und manche auch mehr als einen Anlauf gebraucht haben, um ein akzeptables Ergebnis zu erschaffen. Der Abend war also wirklich witzig und der Adventsverkauf am Tag darauf sehr schön. Es wurden auch von den Bewohnern angefertigte Produkte aus den verschiedenen Workshops verkauft (Kerzen, Holz- und Metallgegenstände, Tischdecken,...).


 


Gestern wurde auf dem Nachbargelände für uns alle ein kleines Theaterstück aufgeführt. Das Stück handelte von der biblischen Geschichte von Adam und Eva. Es ist wohl sehr typisch für anthroposophische Einrichtungen solche Stücke aufzuführen. Mir hat es gut gefallen, aber dennoch fand ich das Niveau der Sprache für die Bewohner etwas zu hoch und war sehr erstaunt, dass die Aufführung so traditionell gehalten wurde.

Jetzt geht es am Montag in die letzte Woche vor Weihnachten. Am Donnerstag, dem letzten Schultag, wird die Klasse, in der ich arbeite, ein kleines Krippenspiel für die anderen Klassen und alle Eltern aufführen (ich spiele den Herbergenbesitzer). Dafür proben wir jetzt jeden Tag und ich bin mir sicher, dass wir zu einem guten Ergebnis kommen werden!

Am Freitag werde ich mich dann in den Flieger nach Deutschland setzen und Weihnachten und das neue Jahr Zuhause feiern.
Ich wünsche euch allen schöne Feiertage und kommt gut in das neue Jahr! Ceep calm, Freya:-)

Sonntag, 4. Dezember 2016

Advent, Advent...

Inzwischen ist auch hier langsam aber sicher der Herbst vorbei und der Winter steht vor der Tür. Das ganze Laub muss beseitigt werden, was die Bewohner und auch mich einige Tage beschäftigt hat.

Geländearbeit am Nachmittag

Die Bäume werden also kahler, aber die Sonne gibt ihr Bestes, um noch ein bisschen Farbe in diese graue Zeit zu bringen. Beinahe jeden Abend (inzwischen eher nachmittags) kann man wunderschöne Sonnenuntergänge beobachten und ich muss wirklich zugeben, noch nie so beeindruckende Farben am Himmel gesehen zu haben.



Die ganze Halloween- und Herbstdekoration ist nun aber der Weihnachtsdekoration gewichen und es haben auch schon einige besondere Veranstaltungen stattgefunden.

Nachdem ich Ende November mit zwei Freiwilligen am Wochenende im Kino war ("Fantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind" ist ein sehr empfehlenswerter Film!), haben wir vor dem Einkaufscenter, in dem das Kino war, ein kleines Weihnachtsdorf entdeckt, auf dem wir dann unseren ersten Glühwein des Jahres getrunken haben (hat allerdings mehr nach Punsch geschmeckt, so süß wie der war...). Deutsche Namen der Getränke und deutsche Musik haben das Flair leider etwas zerstört. Die Schotten haben es scheinbar nicht so wirklich mit Weihnachtsmärkten.

kleines Weihnachtsdorf in Aberdeen

Um die Adventszeit zu eröffnen, hat am Freitag vor dem ersten Advent der sog. Adventsgarten oder auch die Adventsspirale stattgefunden. Diese Begriffe waren mir völlig fremd, allen anderen Freiwilligen, die eine Waldorfschule besucht haben, waren sie aber durchaus ein Begriff.
Aus Tannenzweigen wurde eine riesige Spirale in der Turnhalle erstellt, in deren Mitte eine große Kerze stand. Jeder Bewohner konnte dann mit einer kleinen Kerze durch diese Spirale laufen, um am Ende die Kerze zu entzünden und anschließend irgendwo in der Spirale zu platzieren. Für viele war das eine Herausforderung, die aber von allen gemeistert wurde. Alle anderen haben um diese Spirale herum gesessen und weihnachtliche Lieder gesungen. Am Ende waren zahlreiche Kerzen in der Spirale platziert. Es war wirklich eine besondere und super schöne Erfahrung und eine tolle Aktion, um die Adventszeit einzuläuten.
Hinter der Adventsspirale steht der Gedanke, dass Engel die Kinder auf den Weg in die Weihnachtszeit schicken, um am Ende Maria zu begegnen, die einem ein Licht in dieser dunklen Zeit schenkt. So ganz sicher bin ich mir aber leider nicht, ob ich das richtig verstanden habe, aber falls ehemalige Waldorfschüler oder anthroposophisch inspirierte Menschen unter Euch sind, könnt ihr mich gerne korrigieren! In jedem Fall war es sehr schön, diese Lichter in dem abgedunkelten Raum zu beobachten.

Vorbereitung der Kerzen

Die Kerzen werden mit einem Tannenzweig in Äpfel
gesteckt, um sie gut tragen und aufstellen zu können

Adventspirale: Es wurden bereits viele Kerzen
an der großen Kerze in der Mitte entzündet

Am Samstag vor dem ersten Advent wurden dann Adventskränze gemacht, die jetzt an Türen hängen oder auf vielen Tischen im Haus verteilt wurden. Eigentlich hatte ich an diesem Tag frei, aber diese Aktion wollte ich nicht verpassen und habe kurz vorbei geschaut. Letztendlich war ich dann länger als eine Stunde dort, weil alle begeistert waren, wie ich die Adventskränze gebunden habe und sie wollten nicht auf meine Hilfe verzichten (Ich hatte also scheinbar eine sehr gute Lehrerin, eingeweihte Personen können sich vorstellen, wer mir das beigebracht hat.).

Adventskränze binden

Am Sonntag des ersten Advents bin ich dann mit einigen anderen Freiwilligen in das Zentrum Aberdeens gefahren, weil dort die weihnachtlichen Lichter in der Hauptstraße angemacht wurden. Dazu gab es eine kleine Parade mit Dudelsackmusik und weihnachtlichen Kostümen von verschiedenen Gruppen. Es war wirklich wahnsinnig gut besucht und wir haben über eine Stunde auf einen Bus zurück gewartet, der nicht überfüllt war.


Parade in der "Union Street", der Hauptstraße Aberdeens

Umzugswagen mit Santa Clause vom Aberdeen City Council

Davor haben wir noch den Weihnachtsmarkt Aberdeens besucht, der diesem Begriff aber keineswegs gerecht wird. Einige kleine Buden säumten eine Straße, an deren Ende es ein paar freizeitparkähnliche Karussells und eine Openair-Eisbahn gab. Die drei Buden, die Glühwein und Punsch verkauft haben, haben scheinbar nicht mit so einem großen Andrang gerechnet. Wir konnten jedenfalls weder Punsch noch Glühwein kaufen, weil alles ausverkauft war. Zwischenzeitlich wurde der Eingang des Marktes sogar dichtgemacht, weil viel zu viele Menschen nach der Parade über den Weihnachtsmarkt laufen wollten.
Von dem Weihnachtsmarkt und -dorf hier bin ich also sehr enttäuscht. Er hat nicht annähernd das Flair wie Weihnachtsmärkte in Deutschland. Ich freue mich schon sehr, wenn ich zwischen Weihnachten und Neujahr dann den Bielefelder Weihnachtsmarkt unsicher machen kann.

Die Weihnachtsbäume säumen den Eingang des Marktes,
man sieht die Menschenmassen

auf dem Aberdeener Weihnachtsmarkt

Ansonsten kann ich berichten, dass wir in Witiko einen riesigen Adventskalender haben, hinter dessen Türen sich kleine Transparentbilder befinden. Jeden Abend versammeln wir uns also im Wohnzimmer, um ein Türchen zu öffnen und einen Teil einer Weihnachtsgeschichte zu hören. Demnächst werde auch ich einen Tag übernehmen und einen weiteren Teil der Geschichte erzählen.

Außerdem hat bei uns im Haus auch das "wichteling" begonnen. Es ist angelehnt an das deutsche "Wichteln". Wir Mitarbeiter haben unter uns also Namen ausgelost und sollen unserer Person jetzt in der Zeit bis Weihnachten täglich kleine Aufmerksamkeiten zukommen lassen. Der Spaß besteht allerdings darin, dass auch kleine Streiche erlaubt sind. Bis jetzt ist alles noch ganz friedlich verlaufen (ich habe bis jetzt Süßigkeiten und erste Ausschnitte aus einer Weihnachtsgeschichte bekommen). Ich bin allerdings gespannt, was in den nächsten Tagen noch passieren wird. In den letzten Jahren wurden beispielsweise Mülltonnen in die Bäume gehängt, Zimmer verwüstet oder Möbel im Haus verstellt. Mal sehen, ob ich verschont bleibe, ich kann es mir aber nicht vorstellen.

Witikos weihnachtliche Beleuchtung
Auch in der Schule im Deutschunterricht wird
weihnachtlich gebastelt und gesungen

Für große Aufregung hat auch, wie im letzten Eintrag schon angekündigt, die Inspektion in der Schule gesorgt. Vergangene Woche kamen an drei Tagen Leute in die Klassen, um die Schule und den Unterricht zu beurteilen. Die Inspektion im letzten Jahr ist angeblich nicht zu einem guten Ergebnis gekommen, weswegen die Inspektion vergangene Woche angeordnet wurde. Die Lehrerin meiner Klasse hatte mir zuvor schon angekündigt, dass mir Fragen bezüglich meiner Arbeit dort gestellt werden könnten. Ich musste mir daher einige Papiere durchlesen und mir weiteres allgemeines Wissen über die Arbeit in schottischen Schulen aneignen (vom "curriculum for excellence" habe ich vorher z.B. noch nie gehört). Letztendlich haben die Inspekteure allerdings nur zugeguckt und mich mit ihren Fragen verschont.
Insgesamt ist die Inspektion wohl gut verlaufen und die Dinge, die letztes Jahr noch bemängelt wurden, haben sich angeblich deutlich verbessert. Das freut einen natürlich zu hören.


Ansonsten kann ich noch berichten, dass ich mich einmal pro Woche mit anderen Freiwilligen treffe, um englische Weihnachtslieder zu sigen, was wirklich schön ist, Spaß macht und in jedem Fall auch eine Bereicherung für mich ist.
Außerdem übe ich gerade mit drei anderen Freiwilligen ein schwedisches vierstimmiges Lied ein, das wir nächsten Sonntag bei einem Event aufführen werden. Zu viel verrate ich noch nicht, aber wer schon einmal etwas von "Santa Lucia" gehört hat, kann sich bestimmt schon ein Bild machen.

Gestern war ich zusammen mit einer anderen Freiwilligen aus meinem Haus in einer Nachbareinrichtung, die eng mit meiner Einrichtung hier zusammen arbeitet (in der Einrichtung leben allerdings nur erwachsene Menschen mit Behinderung). Dort hat ein kleiner Weihnachtsbasar stattgefunden und es wurden viele Dinge verkauft, die in den Werkstätten erstellt wurden. Das war wirklich schön und ich bin schon gespannt, wie der Weihnachtsbasar hier auf meinem Gelände in knapp zwei Wochen wird.


Zuletzt möchte ich mich noch bei den zwei Personen bedanken, die mir jeweils einen riesigen Adventskalender geschickt haben!!!! Ich musste sogar mein Zimmer umräumen, um Platz für die beiden Kalender zu haben. Ich freue mich wahnsinnig, jeden Morgen zwei Überraschungen zu bekommen und das Ganze erleichtert mir die Zeit auf jeden Fall auch. Das ganze Plätzchenbacken und die weihnachtliche Zeit Zuhause fehlen mir schon sehr.
In weniger als drei Wochen bin ich aber schon wieder Daheim, darauf freue ich mich auch total.


Jetzt ist der Eintrag plötzlich viel länger geworden als gedacht, es gab aber auch einiges zu berichten! Auch in den nächsten Wochen bis Weihnachten werden einige weitere besondere Aktionen stattfinden, über die ich dann in einem anderen Eintrag berichten werde.

Ich wünsche Euch allen eine wunderbare Adventszeit! Ceep calm, Freya:-)




Sonntag, 13. November 2016

St Martin

Nachdem ich im letzten Eintrag so vom goldenen Herbst geschwärmt habe, hat sich innerhalb einer Woche das Wetter komplett verändert und es ist von morgens bis abends grau und regnerisch. Man muss wirklich Glück haben, um zwischendurch die letzten Sonnenstrahlen zu genießen und wie hier einfangen zu können:


Es wird auch immer früher dunkel, es fängt inzwischen sogar schon um 15 Uhr an zu dämmern,
wirklich schrecklich!

Dafür aber umso passender, dass diese Woche St Martin war und man mit Laternen hier über das Gelände gezogen ist! Insgesamt wird in allen Camphill Einrichtungen St Martin für sehr wichtig genommen und dementsprechend auch gefeiert. In der vergangenen Woche wurden daher Laternen für Häuser, Schüler und Bewohner gebastelt, sodass wir dann am Donnerstag nach einer kleinen Theateraufführung zur Geschichte des heiligen St Martin mit allen Bewohnern von Haus zu Haus auf dem Gelände gezogen sind, Lieder gesungen haben (ganz simpel die englische Version von "Ich geh' mit meiner Laterne" und "St Martin, St Martin") und unser Licht zu den Häusern und den Menschen gebracht haben. Die meisten Bewohner haben das sehr genossen und es war schön zu sehen, dass es selbst eine Herausforderung sein kann, auf die Flamme der Laterne acht zu geben, und dass diese Herausforderung auch von den allermeisten gemeistert werden kann.

gemeinsames Basteln der Hauslaterne

Laterne für Witiko House

Laterne für Camphill House

von Bewohnern aus Witiko gebastelte Laternen


In der Schule wurde St Martin dann am Freitag gefeiert. Meine Klasse hatte in der Woche Laternen gebastelt und Kekse gebacken, sodass wir Freitag dann ebenfalls über das Gelände und von Haus zu Haus ziehen konnten, um dort Lieder zu singen und die selbst gebackenen Kekse an die Leute zu verschenken. In Camphill kommt es also nicht wie in Deutschland (zumindest so wie ich es in meiner Kindheit kennen gelernt und gefeiert habe) darauf an, möglichst viel (Süßes) zu bekommen, sondern viel mehr das Licht zu verbreiten und anderen Menschen etwas zu geben. Das Augenmerkmal der Geschichte des heiligen St Martin liegt in allen Camphilleinrichtungen nämlich darauf, dass der Mantel in zwei Teile geteilt wird und eine Hälfte aber selber behalten wird. Für unsere Arbeit soll das dazu inspirieren, den Menschen natürlich etwas zu geben und sie bestmöglich zu unterstützen, aber gleichzeitig auch auf sich selbst zu achten und sich nicht zu vernachlässigen.

in der Schule gebastelte Laterne

Ein weiteres Highlight der Woche war der Besuch von "zoolab" in der Einrichtung. Das ist eine Art Zirkusprojekt, das verschiedene Schulen besucht und Kindern und jungen Erwachsenen die Möglichkeit gibt, besondere Tiere zu sehen und sogar anzufassen. Auch die Klasse, in der ich arbeite, hatte die Möglichkeit dazu. Von Ratten über Schlangen bis zu Taranteln war alles dabei und ich war sehr beeindruckt davon, dass die Kinder überhaupt keine Angst hatten und alle Tiere anfassen und tragen konnten und wollten und am liebsten mit Nachhause genommen hätten.  Ich habe mich da lieber im Hintergrund gehalten und die Tiere lieber nur angeguckt...;-)

Ende November gibt es eine Inspektion in der Schule und natürlich machen sich alle Lehrer einen totalen Stress, um möglichst gut abzuschneiden und einen guten Eindruck zu hinterlassen. Daher werden momentan Beurteilungen für die Schüler geschrieben, woran ich mich auch beteiligen muss. Außerdem werde ich auch mit den Leuten, die diese Inspektion durchführen, sprechen und ihnen erzählen, was der Junge, mit dem ich in der Schule arbeite, braucht und was wichtig für ihn ist. Die Lehrerin nimmt das sehr ernst und hat bereits jetzt schon betont, wie wichtig gute Antworten sind. Ich nehme das aber ganz locker und lasse mich da nicht zu sehr unter Druck setzen...;-)

Viel mehr gibt es nach einer Woche aber auch nicht zu berichten!
Bis dahin, ceep calm, Freya:-)

Sonntag, 6. November 2016

Goldener Herbst und Halloween

Der letzte Eintrag liegt jetzt schon einen Monat zurück und in diesen vier Wochen ist auch einiges passiert, es gibt also wieder viel zu berichten.

Nachdem ich eine nicht so schöne erste Schulferienwoche mit ausschließlich putzen und kochen im Haus hinter mich gebracht habe, habe ich eine super schöne Woche Zuhause in Bielefeld genossen. Es hat mich super gefreut meine Liebsten wieder zu sehen, auch wenn ich in der kurzen Zeit leider nicht allen gerecht werden konnte. Dafür ist der nächste Flug an Weihnachten schon gebucht...;-)

Bevor ich allerdings meinen Urlaub angetreten bin, habe ich ein Gespräch mit meiner Chefin geführt, weil ich zuletzt nicht mehr wirklich glücklich mit meinen Aufgaben hier gewesen bin. Nach wie vor liebe ich es, in der Schule zu arbeiten, allerdings haben sich meine Aufgaben im Haus Witiko beinahe ausschließlich auf das Kochen und Putzen beschränkt, und das nicht nur in dieser einen Ferienwoche. Daher habe ich sie darum gebeten, daran etwas zu ändern und habe ihr auch mitgeteilt, dass ich mich als fast einzige weibliche Coworkerin im Haus etwas alleine fühle unter den mindestens 20 Männern.
Daraufhin hat meine Chefin mir Besserung versprochen und als ich dann nach meinem Heimaturlaub wieder angefangen habe zu arbeiten, war nicht nur eine neue weibliche Coworkerin (aus Münster) da (was mich super freut!), sondern auch ein neuer Stundenplan für mich. Ich muss deutlich weniger kochen und putzen und kann nun auch mit einem weiteren Bewohner arbeiten, was mich und ihn wirklich freut.
Inzwischen hat sich die Anzahl der Bewohner, die ich im Haus betreuen kann also auf drei erhöht und damit bin ich wirklich sehr glücklich
Auch habe ich gutes Feedback meiner Chefin bekommen, was mich natürlich sehr freut. Die Bewohner schätzen und respektieren mich sehr und genießen es mit mir Zeit zu verbringen und auch meine Chefin erkennt nun meine Stärken und ist positiv davon überrascht, dass ich mir mehr Arbeit mit den Bewohnern wünsche. Es gab scheinbar auch viele weibliche Coworkerinnen, die damit überfordert waren.
So viel zu meiner Arbeitssituation, die sich wirklich verbessert hat. Ich bin jetzt wirklich um einiges glücklicher was das betrifft!

Nicht nur die Arbeitssituation hat sich nach den Ferien geändert, sondern auch die Natur! Ich war völlig baff, als ich nach einer Woche zurück gekommen bin und die meisten Bäume wirklich wunderschön bunt gefärbte Blätter trugen. Der goldene Herbst hat hier wirklich voll und ganz eingesetzt und wenn man diese Redewendung anwendet, dann auf jeden Fall hier in Schottland. Ich lüge nicht, wenn ich sage, dass ich hier den schönsten Herbst meines Lebens beobachte was die Natur betrifft. An den vergangenen Wochenenden habe ich also die Gelegenheit genutzt, um viele Spaziergänge zu machen, sei es hier am Fluss oder am Strand.

auf dem Estate

Am River Dee, unterhalb des Estates

River Dee im Abendlicht

schottische Bänke sind nicht immer gut zu benutzen

Ausflug zum Strand in Aberdeen

An die Strandpromenade grenzt ein kleiner Freizeitpark

Jetzt ist der November angebrochen, das heißt Halloween ist schon vorbei. Dieses Event wird hier in Schottland sehr groß gefeiert. Schon Wochen vorher sind alle Schaufenster der Stadt geschmückt. Auf dem Camphill Estate wurden massenhaft Kürbisse geschnitzt und Verkleidungen gebastelt. Am Tag selber musste ich mich in meiner Pause in mein Kostüm schmeißen, um danach allen anderen Bewohnern dabei zu helfen. Als ich in meinem Outfit und meinem geschminkten Gesicht in die Küche kam, waren alle so begeistert, dass ich die nächsten drei Stunden damit verbracht habe, alle Bewohner des Hauses zu schminken. Das hat wirklich Spaß gemacht. Um vier Uhr nachmittags sind dann alle Bewohner des Estates in den Hausgruppen von Haus zu Haus gezogen. In jedem Haus gab es verschiedene Aktionen wie Gruselgeschichten, Rätsel und Spiele. Am Ende gab es dann für alle ein Puppentheater und abschließend wurde gemeinsam im Camphill House (dem Gründerhaus) zu Abend gegessen. Es war wirklich schön zu sehen wie sehr die Bewohner diesen Tag genossen haben und auch mir hat es wirklich gut gefallen.

das geschmückte Wohnzimmer in Witiko, zur Gruselgeschichte
wurde alles abgedunkelt und der Kamin und die Kürbisse
angezündet



Zwei Tage nach Halloween war dann der "All Souls Day", an dem sich alle im Rosengarten versammelt haben, um den Menschen zu gedenken, die im letzten Jahr verstorben sind. Es wurden Lichter angezündet und Lieder gesungen. Eine wirklich schöne Geste wie ich finde.

Samstag Abend war dann ein nationales Fest, genannt "Guy Fawkes". Den Anlass habe ich nicht wirklich verstanden, aber in jeder Stadt sollte ein großes Feuerwerk und Lagerfeuer stattfinden. Ich habe mich mit mehreren Freiwilligen zusammen geschlossen, um das Feuerwerk am Strand von Aberdeen zu beobachten. Leider war es den ganzen Tag am regnen und abends sollte es sehr stürmisch werden, weswegen das Feuerwerk abgesagt wurde. Wirklich schade!

Nächste Woche ist St Martin, was hier wohl auch groß zelebriert wird und danach geht es auch schon in die Weihnachtszeit! Darüber werde ich dann im nächsten Blogeintrag berichten.

Ceep calm, Freya :-)


Sonntag, 9. Oktober 2016

St Michael

Inzwischen haben hier die Herbstferien begonnen, was bedeutet, dass der sog. "Michaelmas-Term" nun zu Ende ist. Das Schuljahr ist hier in insgesamt vier Terms unterteilt, man kann einen Term also mit einem Quartal in Deutschland vergleichen. In jedem Term finden verschiedene Festivals statt, wobei jeweils eines von größerer Bedeutung ist.
Das große Festival im "Michaelmas-Term" findet jedes Jahr am 29. September statt. Dabei wird die Geburt des Erzengels Michael, der wichtigste aller Erzengel laut einer christlichen Engelwissenschaft (so genau hab ich das auch nicht verstanden), gefeiert. St Michael bekämpft laut den Erzählungen den Satan und viele Drachen im Himmelskrieg und wird insgesamt als ein Beschützer gegen die Dunkelheit der Nacht gesehen. So viel zum Hintergrund des Festivals.

Ich habe den Tag eher mit dem deutschen Erntedankfest verglichen. In der Schule haben die Kinder ihr eigenes kleines Festival gefeiert. Dabei sind wir als Klasse in den Garten des Geländes gestiefelt und haben dort Kartoffeln, Karotten, Zwiebeln, Salate, Äpfel und einfach alles, was in der letzten Zeit gewachsen ist, geerntet. Zurück im Klassenraum wurde vor der Tür ein großer Altar aufgebaut, auf dem die Gaben präsentiert wurden.

Altar vor dem Eingang des Schulgebäudes

Aus den meisten Dingen haben wir anschließend noch eine leckere Suppe gekocht und Brot und Kuchen gebacken. Zum Mittagsessen gab es dann ein kleines Festmahl, zu dem auch die Eltern der Kinder eingeladen waren. Alle haben sich wirklich schick gemacht, es wurde viel gesungen und natürlich auch gegessen.

Festtafel im Klassenraum:
in der Mitte der Tafel ist ein Drache aus Kastanien,
den die Kinder im Unterricht gebastelt hbe

Leider musste ich die Schule etwas früher verlassen, weil dann das eigentliche Fest auf dem Gelände begonnen hat. In meinem Haus Witiko haben sich alle Bewohner und Coworker Regenhosen und Gummistiefel angezogen und dann ging es (für mich erneut) auf die Felder zur Ernte. Es hat wirklich Spaß gemacht, auch wenn es die meiste Zeit geregnet hat- aber was will man zur Erntezeit in Schottland auch anderes erwarten...


Zurück im Haus ging dann das große Kochen los- es wurde leckeres Brot gebacken, Suppe gekocht und Honig und selbstgemachte Marmelade aus den Schränken geholt. Nachdem vor dem Haus dann auch ein riesiger Altar entstanden ist, haben sich alle für das große Abendessen in der Versammlungshalle der Schule schick gemacht.

Altar vor Witiko

In der Halle angekommen, gab es zunächst eine kleine Inszenierung der Geschichte des Erzengels Michael, in der er den bösen Drachen bekämpft. Anschließend wurden Lieder gesungen, die während des Terms immer wieder geübt worden waren. Das Highlight war dann das Festessen, bei dem alle gekochten Suppen der verschiedenen Häuser zu einem Buffett aufgebaut wurden. Am Ende war alles aufgegessen.

Theaterinszenierung; Altar und Buffett
im Vordergrund

Der Tag hat mir super gut gefallen. Alle hatten Spaß die Kartoffeln und alles weitere zu ernten und anschließend auch gemeinsam zu kochen und zu essen. Auch die Bewohner haben gespürt, dass es ein besonderer Tag war und sehr genossen, sich schön anzuziehen. Gemeinsam mit dem ganzen Estate zu essen und zu singen war eine wirklich tolle Erfahrung (geschätzt waren wir beim Festessen 150 Leute). Ich bin gespannt, wie die kommenden Festivals im Christmas-Term sein werden, der nach den Ferien beginnt.
Jetzt muss ich noch vier Tage arbeiten und dann geht es schon für eine Woche zurück Nachhause- ich platze bald vor Vorfreude!

Ceep calm, Freya:-)

Sonntag, 25. September 2016

Open Day

Gestern war ein sehr besonderer Tag, denn es hat der sog. "Open Day", also Tag der offenen Tür, auf meinem Gelände stattgefunden. Seit Tagen liefen Vorbereitungen, es wurde geputzt, Schilder gemalt, gebacken, und und und. Der Tag an sich war für mich aber eher entspannt, da samstags (und sonntags) ja mein freier Tag ist und ich mir daher alles als Besucher angucken konnte.
Es gab ein Café mit riesiger Kuchenauswahl, einen Eisverkauf und ein großes Barbeque. Vor allem für Kinder waren dann aber eher Attraktionen wie Eselreiten, Kinderschminken, Puppenshows und Kletterwände interessant; es gab wirklich überall etwas zu entdecken. Ein Muss war natürlich eine schottische Musikparade, mit Schottenrock, Dudelsack und allem, was dazu gehört.
Hauptsächlich wurde der "Open Day" natürlich von den Bewohnern des Geländes und ihren Familien besucht. Zur großen Freude kamen aber auch Menschen, die nichts mit der Schule zu tun haben, auf das Gelände. Da Camphilleinrichtungen ja eher abgespaltene kleine Dörfer sind, in die andere Menschen sich eigentlich nie verirren, ist so ein "Open Day" immer eine gute Möglichkeit, um sich der Außenwelt zu öffnen und sich attraktiv zu präsentieren. "Open Days" finden meist einmal im Jahr statt, einen weiteren werde ich also wahrscheinlich in meiner Zeit hier nicht mehr miterleben.

Werbung für den "Open Day" außerhalb des Geländes

Wegweiser auf dem Gelände

Einblick in die Kerzengießerei;
Werkstätten waren auch geöffnet

Ansonsten kann ich von vielen schönen gemeinsamen Aktivitäten berichten, die hier immer wieder stattfinden. Bei so vielen Menschen, die hier zusammen leben, gibt es natürlich einige Geburtstage zu feiern. Meist kommen dann die Leute zu einem schönen Kaffeetrinken mit riesigem Kuchenbuffet oder einem großen Barbeque zusammen. Es wird Musik gespielt und einfach nett beisammen gesessen, diese Momente liebe ich wirklich sehr. Gut, dass morgen gleich zwei Mitarbeiter in meinem Haus Geburtstag haben...:-)

Feier zum 60. Geburtstag

Gemütliches Zusammensitzen mit Coworkern nach Feierabend

Letztes Wochenende habe ich einen kolumbianischen Coworker aus meinem Haus ins Tattoostudio begleitet, zu seinem Geburtstag hat er sich nämlich Geld für ein Tattoo schenken lassen. Ich war selber total aufgeregt, im Endeffekt war es aber relativ unspektakulär- das Ergebnis am inneren Oberarm ist wirklich schön geworden.

Jetzt sind es noch zwei Wochen, bis hier die Ferien beginnen. Bis dahin geht der Alltag weiter, auch wenn man hier eigentlich jeden Tag neue Dinge erlebt.
Inzwischen ist mir auch bewusst geworden, dass die Arbeit hier natürlich nicht ganz ungefährlich ist, gerade, wenn der "schwierigste Bewohner" der gesamten Einrichtung in meinem Haus lebt. Letzte Woche hat er in seinen 5 Minuten einen zwei Meter großen Coworker meines Hauses in Ohnmacht geschlagen. Man muss hier also mit vielem rechnen, aber zu meinem Glück arbeite ich mit friedlichen Bewohnern zusammen. Aber man weiß ja nie.

Am Dienstag findet die erste von vier Mentoring-Stunden statt- dabei kann man sich in Kleingruppen mit anderen Coworkern über seine Erfahrungen austauschen. Das ist sicherlich eine super Möglichkeit, um seine Arbeit zu reflektieren. Ich bin schon sehr gespannt wie es wird!

Insgesamt geht es mir nach wie vor sehr gut. Mich haben auch schon erste Pakete aus Deutschland erreicht, über die ich mich riesig gefreut habe, danke dafür!

Bis bald, ceep calm, Freya :-)

Sonntag, 4. September 2016

Tour über das Camphill Estate

In den letzten Einträgen sind Begriffe wie "Gelände", "Estate", "Haus", "Schüler", "Bewohner", "Coworker" und "Hausmanager" gefallen, die für viele vielleicht nicht so ganz selbsterklärend sind. Daher dachte ich mir, dass ich mal einen kleinen Überblick gebe, wie diese ganze Einrichtung hier aufgebaut ist und wo und mit wem ich lebe und arbeite.

Die "Camphill School Aberdeen" liegt in Aberdeenshire, also in der näheren Umgebung (in einem noblen Vorort) der Stadt Aberdeen (mit dem Auto sind es ca. 30 Minuten bis zur Innenstadt).
Diese Einrichtung ist in drei Gelände, sog. "Estates" eingeteilt, die jeweils 10 Autofahrtminuten voneinander entfernt liegen. Ein Estate kann man mit einem kleinen Dorf vergleichen, die meisten Bewohner verlassen es nicht oft. Das größte Gelände ist das "Murtle Estate". Das Gelände, auf dem ich lebe ist das "Camphill Estate".

Camphill Estate (der gesamte Waldstreifen
links und rechts vom Punkt sowie die
Felder darunter bis zum Fluss)

Camphill Estate Plan (in den eingekreisten
Häusern lebe und arbeite ich)


Das kleinste Gelände, das etwas abgelegener ist und auf dem nur junge Erwachsene leben, die nicht mehr zur Schule gehen, ist das "Cairnlee Estate". Da dieses Estate keine Anbindung an die Schulen hat, die sich auf dem Murtle und Camphill Estate befinden, ist das Cairnlee Estate etwas abgespalten und arbeitet nicht so eng mit den anderen Estates zusammen.

Spielplatz auf dem Camphill Estate

Das Leben spielt sich hauptsächlich in den Häusern ab, in denen die Kinder und Jugendlichen leben. Von diesen Häusern gibt es auf meinem Estate insgesamt vier (Camphill House (das Gründerhaus der gesamten Einrichtung), Camphill Cottage, St Hildas und Witiko). Dort wird gekocht, gegessen, geschlafen,...- man lebt dort wie eine große Familie zusammen. In meinem Haus, dem "Witikohouse", leben fünf Jugendliche mit verschiedenen Behinderungen. Dazu kommen noch drei weitere Kinder mit Behinderung, die nur tagsüber in dem Haus sind und abends zu ihren Familien Nachhause fahren.

Witikohouse von vorne


Witikohouse von hinten

Außerdem leben im Witikohouse die beiden Hausmanager, die das Haus leiten, mit ihren vier Kindern, einem Hund und mehreren Katzen. In dem Haus hat die Familie eine eigene kleine Wohnung.
Neben den Zimmern der Schüler / Bewohner gibt es aber auch noch Zimmer für die ganzen Freiwilligen (=Coworker). Insgesamt hat das Witikohouse neun Coworker, die aus Deutschland, Brasilien, Kolumbien und Ungarn kommen. Momentan sind nur der Brasilianer und ich die Coworker, die für ein Jahr bleiben. Alle anderen absolvieren ein duales Studium für Heilpädagogik an der Universität Aberdeen. Dieser Studiengang kooperiert mit der Camphill School, sodass sie hier leben und jeden Tag arbeiten und drei Mal im Jahr Unterrichtsblöcke an der Uni haben.
Abgesehen davon gibt es auch Menschen, die in dem Haus fest angestellt sind, und jeden Tag zum arbeiten hier her kommen.
Ich allerdings lebe nicht im Witikohouse, sondern in "Beltane", einem kleinen Nachbarhaus, in dem nur Coworker leben. Dort habe ich ein schönes Zimmer. Es gefällt mir super gut, hier zu leben, da man sich abends mit anderen Coworkern in der Küche treffen kann, ohne Rücksicht auf die schlafenden Bewohner des Witikohouses nehmen zu müssen. Drei weitere Coworker aus dem Witikohouse und ein Coworker aus einem anderen Haus leben hier zusammen mit mir auf dem Flur. Im Erdgeschoss lebt der Chef der gesamten Einrichtung zusammen mit seiner Frau (der Lehrerin des Foundation Courses) und einem Sohn. Er ist außerdem der Präsident aller Camphill Communities in Schottland, also ein sehr wichtiger Mann. Seine Frau und er sind sehr nett und sie erkundigen sich stets wie es einem so geht.

Beltane; die drei oberen Fenster über dem Eingang
in der Mitte gehören zu meinem Zimmer

Nach Beltane komme ich allerdings nur in den Pausen und zum Schlafen, das alltägliche Leben spielt sich wie gesagt im Witikohouse nebenan ab.

die Küche in Witiko ist das Herz des Hauses

das Esszimmer

das an das Esszimmer anschließende Wohnzimmer;
hier finden die Morgenkreise statt und man trifft sich
hier vor den Mahlzeiten
Bis zum 19. Lebensjahr gehen die Schüler in die Schule auf dem Camphill Estate oder dem Murtle Estate (Es gibt einen Shuttlebus, der zwischen den Estates hin und her fährt). Nachmittags besuchen sie Workshops, die sich ebenfalls auf den beiden Geländen befinden und die außerdem ganztägig von den Jugendlichen besucht werden, die schon einen Schulabschluss gemacht haben. So gibt es beispielsweise eine Kerzengießerei, eine Holz- sowie Keramikwerkstatt und mehrere Webereien. Auch die Arbeit in verschiedenen Gärten auf den Geländen spielt eine wichtige Rolle.

Garten auf dem Camphill Estate


Bildunterschrift hinzufügen

Die Aufgabe der Coworker besteht tagsüber darin, die Bewohner in die Workshops zu begleiten und ihnen dort in ihrer Arbeit zu helfen. Einige wenige, zu denen ich glücklicherweise zähle, verbringen den Tag in der Schule, um dort den Bewohnern / Schülern helfend zur Seite zu stehen. Manchmal begleitet man Bewohner auch zu speziellen Therapieangeboten.

Carnelian Schoolhouse (Schule)
Außerdem gibt es auf dem Camphill Estate verschiedene Sportplätze, Therapiegebäude, Gärten, eine Versammlungshalle, mehrere kleine Häuser für Coworker und auch einen Partyraum, der von uns Freiwilligen gerne am Wochenende genutzt wird.
Einmal im Monat findet entweder in dem Partyraum des Camphill Estates oder im Partyraum des Murtle Estates eine Party für alle Freiwilligen statt, die dann gut und gerne von bis zu 70 Freiwilligen besucht wird und bis tief in die Nacht andauert. Es gibt also auch einen Ausgleich für die anstrengenden Arbeitstage...

Ich hoffe, dass diese kleine Tour über das Gelände interessant war und die Bilder euch helfen können, sich mein Leben hier besser vorzustellen.

Ceep calm, Freya:-)