Samstag, 20. August 2016

Der Anfang ist geschafft!

Inzwischen sind zweieinhalb Wochen seit meiner Ankunft in der Camphill School Aberdeen vergangen und es gibt einiges zu berichten!

Die ersten drei Tage verbrachte ich mit einem Einführungskurs für alle Freiwilligen, die mit mir neu angereist waren. Insgesamt sind wir 55 neue Freiwillige, die für ein Jahr bleiben. Von Brasilien über Kolumbien, Südkorea, China, Dänemark, der Schweiz und Italien sind viele Nationen vertreten- die Mehrheit bilden allerdings die Deutschen mit über 30 neuen Freiwilligen. Ich habe mich super gefreut, die Leute von meinem Vorbereitungsseminar wiederzusehen, die mit der gleichen Organisation hier sind. Alle anderen Freiwilligen sind auch super nett und offen, was uns allen den Einstieg sicherlich erleichtert hat! In den drei Tagen wurden uns die verschiedenen Gelände gezeigt, allgemeine Infos über die Einrichtung gegeben und der restliche notwendige Papierkram erledigt.

In dem Haus, in dem ich arbeite, sind mit mir ein Italiener und ein Brasilianer neu angereist, mit beiden verstehe ich mich super gut. Allerdings haben wir uns auch von unserem Haus eine Einführung erhofft, die leider bis heute fehlt. Weder die Hauskoordinatoren noch die anderen Freiwilligen (Coworker), die schon länger hier sind, waren wirklich an unserer Ankunft interessiert. Das hat die ersten Tage in unserem Haus etwas erschwert, wir hatten keine Ahnung was unsere Aufgaben und was die Abläufe und Regeln etc. sind. Diese Unsicherheit der ersten Tage hat sich jetzt zum Glück gelegt, ich verstehe mich auch mit den erfahreneren Freiwilligen sehr gut und musste einfach meinen Mut zusammen nehmen, um sie über grundlegende Sachen auszufragen.
Im Vergleich zu anderen Häusern scheint mein Haus sehr chaotisch und unkoordiniert zu sein- jeden Morgen wird aufs neue festgelegt, wer welche Aufgaben übernimmt (normalerweise bekommt man einen eigenen Stundenplan, der sich mindestens einen Monat nicht ändert). Mit diesem Fakt musste ich mich erst anfreunden, inzwischen ist es aber wirklich okay.

Am ersten Wochenende haben sich viele neue Freiwillige zusammengeschlossen, um sich die Highlandgames in einer nahegelegenen Kleinstadt anzuschauen. Von schottischem Volkstanz, über Märsche schottischer Männer mit Schottenrock und Dudelsack bis zum Baumstammwerfen und Tauziehen war alles dabei- ein wirklich großes Volksfest, das uns allen super gut gefallen hat!

Eröffnungsmarsch der Highlandgames in Aboyne


Baumstammwerfen


Maskottchen und Emmylou, eine Freundin von der selben deutschen Organisation


Nach meinen ersten fünf Tagen waren dann die Sommerferien zu Ende und das neue Schuljahr hat begonnen- die Schüler, die zuvor mehrheitlich noch nicht auf dem Gelände sondern im Urlaub waren, kamen zurück und das alltägliche Leben fing wieder an- für mich also gleichzeitig auch ein neuer Rhythmus.
Zu meiner großen Freude wurde ich als einer der wenigen ausgewählt, die in der Schule arbeiten dürfen. Die meisten Freiwilligen hier begleiten ältere Schüler zu Workshops, z.B. in die Kerzengießerei oder Holz- und Metallwerkstatt.

Meine Aufgabe ist es nun, einen 6 jährigen Autisten als eine Art Integrationshelferin zur Seite zu stehen. N. ist neu auf die Schule gekommen und besucht nun eine Klasse mit 12 Kindern (5 bis 9 Jahre alt). Bis jetzt war es nicht notwendig, dass eine Person die Klassenlehrerin unterstützt, da nur ein Kind mit Behinderung in der Klasse war. Mit der Einschulung von N. hat sich die Zahl auf 2 Kinder mit Behinderung erhöht.
Ich bin nun also jeden Tag an der Seite von N. und unterstütze ihn, löse mit ihm für ihn abgewandelte Aufgaben und versuche ihn während der Unterrichtsstunden, in denen er zusammen mit den anderen Kindern lernt, ruhig zu halten. Er hat eine sehr ausgeprägte Fantasie und möchte ständig alle Menschen um ihn herum daran teilhaben lassen...;-)
Zum Mittagessen bringe ich N. dann in eines der Häuser auf dem Gelände und anschließend wird er von seinen Eltern abgeholt. Er lebt also im Gegensatz zu den meisten anderen Schülern nicht in der Einrichtung.

Wie ich erst nach einigen Tagen erfahren habe, ist das Haus, in dem ich lebe und arbeite, das Haus, in dem die "schwierigsten Fälle" leben. Dabei handelt es sich ausschließlich um männliche Bewohner im Alter von 15 bis 20 Jahren. Einige benötigen eine 2:1 oder gar 3:1 Betreuung und die Mehrheit wird nur von männlichen Coworkern betreut. Die logische Folgerung ist, dass die weiblichen Coworker in meinem Haus leider deutlich in der Unterzahl sind. Inzwischen habe ich mich damit aber angefreundet und verstehe mich natürlich auch mit allen männlichen Coworkern in dem Haus super gut.
Nachmittags und abends betreue ich hauptsächlich einen 19 Jährigen Autisten, der zwar auf viel Unterstützung angewiesen ist, sich im Gegensatz zu den anderen Bewohnern aber auch von Frauen helfen lässt (oder anders gesagt nicht so viele körperliche Aussätze hat, denen Frauen nicht standhalten können).
Da mein Alltag sich inzwischen mehr oder weniger eingependelt hat und sich meine Aufgaben verfestigt haben, skizziere ich mal einen typischen Arbeitstag:

6:40 Uhr: Meeting mit allen Coworkern des Hauses, Planung und Aufgabenverteilung des Tages
7:00 Uhr: Aufwecken und Unterstützen zum Fertigmachen eines Bewohners in meinem Haus
8:00 Uhr: Frühstück mit allen Bewohnern und Coworkern des Hauses (insgesamt ca 20 Leute); anschließend Abwasch und Aufräumen
9:00 Uhr bis 12:30 Uhr: Schule
13:00 Uhr: Mittagessen; anschließend Abwasch und Aufräumen
14:00 Uhr bis 16:00 Uhr: Pause
16:15 Uhr: Abendessen für das gesamte Haus machen
17:30 Uhr: Abendessen; anschließend Abwasch und Aufräumen
18:30 Uhr: Hausputz oder Beschäftigung eines Bewohners (z.B. Spiele spielen, zum Volkstanzkurs gehen o.ä.)
20:00 Uhr: einen Bewohner ins Bett bringen
21:00 Uhr: Feierabend

Die Arbeit macht einerseits super viel Spaß, andererseits ist es natürlich auch sehr anstrengend, 24/7 von so vielen Menschen umgeben zu sein, sodass ich meine Pause immer zum schlafen nutze. Nach Feierabend treffen sich meist die Coworker aus meinem Haus und sitzen nett zusammen, manchmal wird die Runde auch durch Coworker von anderes Häusern erweitert.
An Wochenenden habe ich frei, sodass ich mit anderen Freiwilligen in die Stadt (30 Minuten mit dem Bus) fahre oder Ausflüge mache. Abends findet meist eine Party auf einem der Gelände oder in der Stadt statt oder man geht zusammen in den Pub oder macht ein Lagerfeuer. Es ist also ständig was los- da muss man sehr darauf achten und dafür kämpfen auch mal Zeit für sich zu finden!

Ausflug am Wochenende mit den Bewohnern des Hauses zum Muir of Dinnet (National Nature Reserve):
da sind wir hochgeklettert!


Wie die große Einrichtung aufgebaut ist und wie, wo und mit wem ich lebe, lasse ich euch in meinem nächsten Blogeintrag wissen!

Insgesamt bin ich gut angekommen und auf einem guten Weg, mich einzuleben und wohlzufühlen, auch wenn einige Dinge anders laufen als ich erhofft oder erwartet habe. Einsam wird man hier unmöglich und das ist schon mal super!

Ceep calm, Freya:-)

Dienstag, 2. August 2016

Welcome to Scotland!

Nachdem eine wunderbare Abschiedsparty gefeiert, alle Freunde verabschiedet und die Koffer (inkl. Übergepäck) gepackt wurden, konnte es losgehen! Schon 5 Tage vor Dienstantritt ging der Flieger Richtung Schottland, um gemeinsam mit Papa die Stadt Aberdeen und die Umgebung zu erkunden.
Aberdeen- eine junge Studentenstadt mit über 220 000 Einwohnern an der Nordostküste Schottlands- besteht aus grauen (Granit-)Steinhäusern soweit das Auge reicht. Typisch schottisch also und auf Dauer eben doch sehr, sehr grau. Gleichzeitig hat die Stadt aber auch sehr schöne Häuser und vor allem die Altstadt Aberdeens hat neben einem wunderbar englisch gepflegten Park imposante alte Häuser (wie z.B. die Uni) zu bieten.


Universität Aberdeen (King's College)

Zu unserem Glück hat vom 29.07. bis zum 06.08. das Internationale Jugendfestival Aberdeen stattgefunden. In der Innenstadt sind dabei Gruppen aus der ganzen Welt aufgetreten: Chöre, Theater-, Instrumental- und Tanzgruppen.. alles war vertreten und wirklich toll anzuhören und anzusehen!


Nach zwei Tagen, in denen wir die Stadt und den Strand erkundet haben, sind wir dann mit einem Mietwagen die Nord- und Ostküste Schottlands entlang gefahren und haben auch in den Westen einen Ausflug in die Highlands gemacht. Neben den schönen Straßen, die uns an unzähligen Schaf- und Kuhherden vorbeigeführt haben, haben uns vor allem unsere Stops fasziniert. Ich glaube die Fotos sprechen für sich und zeigen jetzt schon, wie beeindruckend schön die Landschaft Schottlands ist!
Dunnottar Castle


Bullers of Buchan

New Aberdour Beach

Gardenstown
Highlands
Loch Muick


Jetzt wird der letzte Abend genossen, bevor morgen früh das neue Abenteuer in der Camphill Rudolf Steiner School Aberdeen in Milltimber (Vorort) beginnt. Ceep calm, Freya:-)